25.12.2011

Welt am Sonntag "Captain Cork / Manfred Klimeks Weinkolumne"

Heute ist Weihnachten. Und deswegen bekommen Sie von mir keine Flaschenpost zugestellt. Denn wenn Sie jetzt nicht Ihre Flaschen für die Festtage beisammen haben, bleibt ohnehin nur der Spätkauf oder die Tankstelle. Dann lieber Bier.

Heute wünsche ich mir was. Ein paar Dinge, Ereignisse, Maßnahmen. Alles, was den deutschen Wein weiterbringen würde. Und den Weingenuss, mit dem es ohnehin stets bergauf geht. Ich wünsche mir, dass der deutsche Konsument endlich begreift, dass eine Flasche Wein für 1,99 Euro eine üble Industrieplörre ist. Allein die Flasche und ihre Ausstattung kosten mit Logistik, Marketing, und Regalgebühr mehr als einen Euro. Aus welchen Trauben wird dieser Wein wohl gepresst worden sein? Und was hat er geimpft bekommen, dass er überhaupt nach Wein schmeckt? Ein richtiger Wein muss ab Hof mindestes vier Euro kosten. Alles darunter sollte man nicht Wein nennen, sondern weinähnliches Industriegetränk.

Ich wünsche mir, dass die deutschen Winzer und ihre Verbände endlich landesweit die bereits existierende Qualitätspyramide des VDP (Verein Deutscher Prädikatswinzer) einführen. Dann ist endlich Schluss mit den vielen verwirrenden Begriffen, mit den Sternchen und überflüssigen Kategorisierungen. Mir reichen „Gutswein", „Ortswein" und „Großes Gewächs" beziehungsweise „Erste Lage",

Der Gutswein muss ein ordentlicher Basiswein sein, der das Weingut repräsentieren kann. Und er sollte aus regionaltypischen Sorten gekeltert werden. Die Erträge dürfen 75 Hektoliter pro Hektar nicht übersteigen.

Der Ortswein sollte aus traditionellen und hochwertigen Weinbergen stammen, die mit einem Ort verbunden sind. Und es sollten nicht mehr als 65 Hektoliter pro Hektar gewonnen werden.

Die Trauben für Große Gewächse beziehungsweise Erste Lagen sollten aus den besten und somit klar begrenzten Weinlagen stammen. Es sollten mindestens Spätlesen sein und alle von Hand geerntet werden. Der Ertrag muss unter 50 Hektoliter liegen.

Könnte man das endlich überall durchsetzen, würde der deutsche Konsument auch mal den Durchblick bekommen. Und vielleicht weniger zaudern, bei deutschem Wein zuzugreifen.

Ich wünsche mir, dass man die Traubendiebe erwischt, die in diesem Herbst in Deutschland ganze Weingärten leer geräumt haben. Vor allem jene, die bei Von Winning in der Pfalz den Spätburgunder vom Deidesheimer Herrgottsacker haben mitgehen lassen. Ich würde zu gern wissen, was aus diesem erstklassigen Traubenmaterial geworden ist. Und wer sich daraus einen Wein gebastelt hat. Oder nein: Besser, man weiß es nicht.

Ich wünsche mir, dass es 2012 mit dem Rheingau weiter aufwärtsgeht. Das Gebiet lag zuletzt arg danieder und wurde von den aufstrebenden Regionen Rheinhessen und Pfalz ordentlich in die Mangel genommen. Tradition allein macht noch keinen guten Wein, doch was ich zuletzt von Balthasar Ress und Schloss Johannisberg kosten durfte, verspricht einen guten bis exzellenten Jahrgang 2011.

Ich wünsche mir, dass noch viel mehr deutsche Winzer auf naturnahe Landwirtschaft umstellen. Gewiss ist das im feuchten Deutschland nicht so einfach wie in trockenen und heißen Ländern. Aber es zahlt sich aus, wie die vielen neuen deutschen Bioweine beweisen. Es muss ja nicht gleich Demeter sein. Aber Herbizide (die erkennt man, wenn die Weingärten ganz besonders proper sind und kein Unkraut die Rebe stört) sollten der Vergangenheit angehören. Ab sofort.

Zuletzt wünsche ich mir, dass dieser dämliche Hochmoselübergang nicht gebaut wird. Ich weiß, dass dieser Wunsch mit Sicherheit nicht in Erfüllung geht, weil infrastrukturverliebte Regionalpolitiker der Zerstörung einer einzigartigen Kulturlandschaft keinen Einhalt gebieten werden. Dieser Irrsinn hat inzwischen Methode.

Manfred Klimek ist Chefredakteur von „Captain Cork", Deutschlands einziger Wein-Tageszeitung im Netz.


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