06.09.2014

SÜDWESTDEUTSCHE ZEITUNG

"IM NACHHINEIN: Pfälzer Weinberg-Spende für Schleswig-Holstein trägt Früchte

 

Dieser Sommer hat es gar nicht gut mit uns gemeint. Gab es doch reichlich Regen im Südwesten, den blauen Himmel schienen die Nordlichter gepachtet zu haben. Das war nicht nur gefühlt so. Bescheidene 620 Sonnenscheinstunden registrierte der Deutsche Wetterdienst von Juni bis Ende August in Baden-Württemberg. Zehn Stunden mehr hatte Rheinland-Pfalz. „Von der Sonne verwöhnt“, wie die Badener ihren Rebensaft bewerben, war dagegen das meerumschlungene Schleswig-Holstein: Sage und schreibe 695 Sonnenschein-Stunden wurden dort gezählt. Im Nachhinein betrachtet war es also eine weitsichtige Entscheidung, dass Rheinland-Pfalz dem nördlichsten Bundesland zum Eintritt in den Kreis der Weinbauregionen verholfen hat. Wir erinnern uns: In Europa darf man nicht nach Lust und Laune irgendwo Reben anbauen. Schon gar nicht, wenn der Wein verkauft werden soll. Dazu braucht es Anbaurechte. Doch die sind begrenzt. Also zeigte sich Rheinland-Pfalz spendabel und trat im Jahre 2008 Neuanpflanzungsrechte für zehn Hektar an das bis dahin „rechtlose“ Schleswig-Holstein ab. Schließlich wollte man dort nicht nur fangfrischen Fisch und zartes Deichlamm als landeseigene Spezialitäten anbieten können. Nach einer Ausschreibung krallten schon im folgenden Jahr die ersten Reben mit dem Segen des Gesetzes ihre Wurzeln in den Sandboden. Fünf Jahre nach dieser Pflanzaktion muss die Frage erlaubt sein: Was ist aus unseren zehn Hektar geworden? Neben einigen ambitionierten Hobbywinzern haben Profis wie Steffen Montigny aus Bretzenheim (Kreis Bad Kreuznach) oder Christian Ress aus Hattenheim im Rheingau Pionierarbeit an der Waterkant geleistet. Wobei letzterer für sich in Anspruch nimmt, den nördlichsten Weinberg Deutschlands zu bewirtschaften. In Keitum auf Sylt, aus Pfälzer Perspektive also knapp südlich der Packeisgrenze, hegt und pflegt er auf 3000 Quadratmetern überwiegend Solaris- Reben. Zum Schutz gegen die steife Meeresbrise ist der Weinberg in einer Mulde angelegt. Skepsis und Spott waren Ress sicher: Solaris lasse sich auch auf Grönland anbauen. Mit einem Riesling von Rhein, Weinstraße oder Mosel könne so etwas nicht mithalten, lauteten die bissigen Kommentare jener, die den Friesen-Tropfen garantiert nicht gekostet haben.

 

Fakt ist: Im vergangenen Herbst brachte es der Sylter Rebensaft auf mehr als 80 Grad Oechsle. Ress beschreibt ihn als „leckeren, leichten Wein im Sauvignon-Stil“. Für die wenig bekannte Solaris-Rebe hat sich der Rheingau-Winzer entschieden, nachdem er Rat von Geisenheimer Weinbau-Experten eingeholt hat. Im Norden scheint die Sonne zwar im Durchschnitt länger als hierzulande, dafür ist es aber eineinhalb Grad kühler. Entsprechend ist die Natur im Rückstand. Außerdem fällt im Herbst, wenn die Trauben am empfindlichsten sind, viel Regen. Unter diesen Bedingungen braucht es eine frühreife und pilzresistente Sorte. Weinbau auf Sylt ist für Christian Ress „kein Marketing-Gag, sondern eine interessante weinbauliche Herausforderung“. Die 709 Dreiviertelliterflaschen des 13er Jahrgangs waren ratzfatz weg: 555 Flaschen gingen an die Rebstockpächter, die übrigen wechselten für jeweils 69 Euro den Besitzer. Sylt hat eben Kultstatus. Entsprechend groß ist die Bereitschaft, für einen Wein von der Promi-Insel das Portemonnaie weit zu öffnen. Das Sylter Engagement des Rheingau-Winzers ist denn auch auf Dauer angelegt. Hat Ress die Trauben aus dem hohen Norden 2013 noch nach Hause geholt, sowill er den 14er Jahrgang auf der Insel keltern und ausbauen. Erst dann hätte er das Recht, aufs Etikett „Schleswig-Holsteinischer Landwein“ zu schreiben. Übrigens: In diesem Jahr wird der Winzer seine Sylter Trauben am 27. September lesen, also zwei Wochen früher als 2013. Der Super-Sommer an der Küste macht es möglich." Jürgen Müller

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