11.12.2003

Rheinische Post

Um fünf Uhr in der Früh' schrillte das Telefon. Für Werner Stierhof und seine Frau Christa war das keine unliebsame Überraschung. Die beiden Mitarbeiter des renommierten Weinguts Juliusspital in Würzburg hatten diesen Anruf geradezu ersehnt. Er bedeutete: Raus aus den warmen Federn, um den Höhepunkt des Weinjahres mitzuerleben, rein in den Einsatz zur Eisweinlese! Eine Stunde später stand das Ehepaar am Rande der Rebfläche "Pfaffenberg". Es herrschte ideales Eiswein-Wetter. Neun Grad unter Null, zwei Minusgrade mehr als erforderlich, zeigte das Thermometer von Weinbergsmeister Peter Rudloff an, der die ganze Nacht seine edelsten Trauben bewacht und immer wieder die Temperatur gemessen hatte. Jetzt zogen zwei Dutzend dick eingepackte Lesehelfer und Buttenträger in die etwa ein Hektar große Parzelle mit den süßen Beeren - Weinlese in gefütterten Handschuhen.
Knapp zwei Stunden musste Kellermeister Benedikt Then warten, bis beim schonenden Pressen und dem allmählichen Auftauen des gefrorenen Leseguts die ersten Tropfen des "flüssigen Goldes" in die kleinen Bütten flossen. 950 Liter mit einem stolzen Mostgewicht von 159 Grad kamen da als Glanzlicht eines Weinjahrgangs zusammen, der, wie Horst Kolesch formuliert, "in die Geschichte der Juliusspital-Stiftung eingehen wird". Der Gutsleiter hat auch schon überschlagen, wie viel die Kostbarkeit ab Juli in der Flasche bringen wird: Etwa 70 Euro pro 0,5-Liter-Bocksbeutel. Liebhaber sieht er in den USA und Asien.
Deutschlands Winzer im Eisweinrausch: Noch Mitte November, als Temperaturen bis zu 16 Grad in den Rebenreihen herrschten, wagte kaum ein Kellermeister auf "die Krönung eines sensationellen Weinjahrgangs zu hoffen", wie Rolf Münster von Deutschlands ältester Winzergenossenschaft in Mayschoss berichtet. Dann kam Anfang der Woche der Temperatursturz, die Stimmung bei den Genossen an der Ahr stieg. Bei minus acht Grad und "mit dem ersten Büchsenlicht" rückten sie zur eiskalten Lese in den "Laacher Berg" und den "Mönchberg" aus. Das Ergebnis von insgesamt 1,2 Traube für Traube durchkämmten Hektar: 1500 Liter Most, von dem der Rest erst nach 26 Stunden aus der Presse tröpfelte.
Jubel auch im Schlossgut Diel über "das kühle Finale des Jahrhundertjahrgangs 2003". "Nie zuvor in unserer mehr als 2000-jährigen Geschichte wurden in einer Nacht 1000 Liter Riesling Eiswein geerntet!", frohlockt Schlossherr Armin Diel. Gut vermummt waren 14 Leser bei minus elf Grad in die Nahe-Spitzenlagen "Dorsheimer Goldloch" und "Pittermännchen" gepilgert. Der Chef versorgte sie mit Glühwein.
"Dieser Wein ist fürs ganze Leben gemacht". kommentiert Stefan Ress im Rheingau das Ergebnis seiner kalten Rieslinglese in der Gemarkung Hattenheim. Er musste gestern einen weiteren Ernteeinsatz abbrechen, die Temperaturen waren schon über den Grenzwert hinaus geklettert. Um Abnehmer für die Rarität sorgt sich Ress nicht: Sohn Christian hat auf seiner Japan-Werbereise gestern die ersten Flaschen schon verkauft.

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