25.06.2021

Deutscher „Insel-Wein“ in Schleswig- Holstein und Mecklenburg-Vorpommern

Deutscher Wein geht nicht nur zunehmend nordwärts über den vormals als nördliche Weinbaugrenze Bekannten 50. Breitengrad hinaus, sondern macht sich auch auf den deutschen Inseln breit.

 

Weininseln: Rügen Sylt und Föhr

Begonnen hat alles auf dem 55. Breitengrad auf Sylt, wo das Weingut Balthasar Ress 2009 mit Genehmigung der Landesregierung Schleswig-Holstein auf 0,3 Hektar die Sorten Solaris und Müller-Thurgau pflanzte und 2013 eine erste Ernte einfahren konnte. Die hohe Zahl der Sonnenstunden auf der Insel (mehr als im Rheingau) machte es möglich. Ein Teil der Stöcke ist an Weinfans verpachtet, die dafür Flaschen vom Ergebnis (knackig, schlank, durchaus Biss) bekommen. Ausgebaut wird der „Söl’Ring“ vor Ort, den letzten Schliff bekommt der Jungwein im Rheingau. Beim Preis (65 Euro) kam der Raritätencharakter zum Ausdruck. Mit dem Jahrgang 2019 gab es zwei Änderungen. Der ohnehin geringe Müller-Thurgau-Bestand wurde durch weitere Solaris-Reben ersetzt. Christian Ress hatte die Erfahrung gemacht, dass sich der „Müller“ in dieser Flur doch sehr quälen musste. Und neuerdings gibt es keinen Wein mehr, sondern Sekt. Noch in diesem Jahr wird er auf den Markt kommen.

Auf Sylt folgte Föhr. Hier hatte vor zehn Jahren der gebürtige Schwede Frederik Paulsen, Chef des international tätigen Pharmariesen Ferring (Hauptsitz Schweiz) die Idee, auf seinem Zweitwohnsitz Reben zu pflanzen. Der inzwischen 70-Jährige hat starken Bezug zum Wein. Über eine Holding hat er nicht nur die Mehrheit bei Schlumberger inklusive Sekt, sondern ist auch Eigentümer von zwei der besten Weingüter in Georgien (GWS und Château Mukhrani). Föhr gehört wie Sylt zu Schleswig-Holstein, wo der frühere Ministerpräsident Peter Harry Carstensen von seinem Kollegen Kurt Beck aus Rheinland-Pfalz damals zehn Hektar Pflanzrechte für Weinbau übernahm. Paulsen bewarb sich, bekam gleich zwei Hektar zugewiesen, ließ von einem Spezialisten Bodenuntersuchungen zur Machbarkeit vornehmen und bekam grünes Licht für die Weininsel Föhr. Angepflanzt wurden Solaris und Johanniter. Die ersten Jahre wurde etwas improvisiert, mit mobiler Presse und Abfüllanlage, mittlerweile ist das Weingut Waalem eine technisch gut ausgestattete Attraktion der Insel. Der Föhrer Landwirt Christian Roeloffs machte sich mit Wein vertraut und betreut die Rebfläche. Die Weine sind im Preis nicht abgehoben, Aushängeschild ist ein mehr als passabler Sekt (knapp 30 Euro). Paulsen ist zufrieden mit den Ergebnissen: „Der Weißwein ist frisch und fruchtig, mein Favorit ist der Sekt.“ Verkauft wird überwiegend über regionale Händler wie das Weinhaus am Meer in Wyk.

Und da auch für Mecklenburg-Vorpommern schon seit einigen Jahren Pflanzrechte für Weinbau vergeben werden, war es auch möglich, auf zu diesem Bundesland gehörenden Rügen Reben zu setzen. Und das ziemlich unkonventionell und von einem Paar mit einer etwas kuriosen Geschichte. Simone Hantke (53) und Mario Hohmann (61), sie aus Brandenburg, er aus Sachsen, verheiratet seit 2011, erfüllten sich im Hochzeitsjahr einen Traum mit einem Häuschen mit recht großem Grundstück auf Rügen, mit dem See im Blickfeld. Bezug zum Wein war immer vorhanden, deshalb war ein Vorschlag der Nachbarn, auf dem Gelände Schafe zu züchten, nichtin ihrem Sinn. Er hatte zwischenzeitlich einen ob in Luxemburg, wohnte aber in Nittel an der Mosel und lernte dabei die Winzerfamilie Apel kennen, die an der Obermosel eines der besten Weingüter führt. Für deren Vorschlag – „macht doch Wein“ – war man schon empfänglicher und stellte nach Bodenproben fest, dass Weinbau auf Rügen durchaus machbar ist. Im Frühjahr 2018 wurden 4100 Stöcke der Piwi-Sorte Souvignier Gris (robuste Beerenschalen, gute Resistenz) gepflanzt, die teilweise schon im Herbst 2019 Trauben trugen. 350 Liter mit 86 Grad Oechsle waren ein beachtliches Ergebnis. 2020 waren es 600 Liter mit 83 Grad. Das alles war nicht leicht zu bewältigen mit einem Zweitwohnsitz im Kanton Aargau in der Schweiz. Häufiges Pendeln hinauf nach Rügen, rund 1200 km entfernt, war angesagt. Hinzu kam, dass die Ernte nicht auf der Insel ausgebaut werden konnte. Hier sprangen die Profis aus Nittel ein. Die Trauben wurden zum Weingut Apel transportiert, dort vinifiziert, abgefüllt und die Flaschen nach Rügen geliefert. Hier gibt es Weinhändler, die sie im Sortiment haben. Der Verkaufspreis liegt bei 20 Euro für die 0,5-l-Flasche. Bei Touristen ist der sanft würzige, herzhafte Wein durchaus begehrt, auch als Mitbringsel. Mario und Simone hatten es, seit sie Winzer sind, nicht leicht, sich mit der Situation zu arrangieren. Sie ist noch in einer Privatklinik in der Schweiz beschäftigt, er hat seine berufliche Tätigkeit in der Schweiz vor Kurzem komplett aufgegeben, weil die Arbeit mit einem Hektar Reben einfach zu aufwendig ist und volle Konzentration erfordert. Außerdem soll das Weingut Hohmann so richtig zum Laufen kommen.

 

Quelle: Weinfeder

Autor: Rudolf Knoll

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