29.01.2014

Weinhalle

Dirk Würtz & Balthasar Ress.

 

"...Was für eine Paarung. Der quirlige, eloquente Rheinhesse, der erst aufhört zu reden, wenn man den Stecker zieht, und das alte Schiff mit junger Besatzung im angestaubten Rheingau, das dabei ist, sich neu zu erfinden, passen zusammen, wie die Faust aufs Auge. Christian Ress bewundere ich. Er ist gut im Marketing, er ist gut im Vertrieb, und er ist das äußerliche stille »Mind behind« in seinem eigenen Weingut. Als Steuermann des alten Schiffes nimmt er Kurs auf zu neuen Ufern, läßt Dirk Würtz dabei schalten und walten und scheint manchmal selbst zu staunen, wo ihn der hinführt, steht aber hinter allem, was passiert. Hier sorgt kein dicker Sponsor für dicke Backen, hier kann keiner Geld ausgeben, das ihm nicht gehört, hier muß das Geld seriös aus eigener Tasche kommen und vorher verdient werden. Richtig seriöser Wettbewerb bläst hier mit steifer Brise ins Gesicht. 2013 war wirtschaftlich eine Katastrophe, 2012 und 2011 kaum besser. Die Mengen waren einfach zu klein. Trotzdem nimmt die Mannschaft um Christian Ress Kurs auf den dringend nötigen Wechsel in Image, Qualität und Auftritt.

 

Deshalb ist es nur zu verständlich, daß die Weine im unteren Teil des (mir zu) umfangreichen Portfolios konventionelle Rheingauer Rieslinge sind, trocken oder mit Restzucker, mittels Reinzuchthefe, Enzymen und kühler Vergärung im Edelstahltank technisch sauber, ziemlich gut, blitzblank und wunderbar trinkig in Szene gesetzt, weit über dem Rheingauer Durchschnitt und ersichtlich auf dem Durchmarsch zu neuen Horizonten, stilistisch aber eben doch konventionell. Das Weingut braucht schließlich Fett auf den Hüften, um sich die Spielereien von Dirk Würtz leisten zu können. Diese »Spielereien« freilich sind bitterernst, denn sie sind Teil jener Vision, nach der das Weingut in Zukunft leben will. Christian Ress unternimmt den mutigen Versuch, Stück für Stück seine 47 Hektar Rebfläche auf biologischen Anbau umzustellen. Den strebt er an, weil er bessere, spannendere, lebendigere, authentischere Weine im Keller haben will. Die sollen auf ihren eigenen Hefen vergären, die sollen ohne Eingriffe im Keller auskommen, die bräuchten entsprechend passende Holzfässer, damit sie so charaktervoll wie möglich ausfallen. Doch all das kostet Geld und der deutsche Markt versteht die Weine neuer Generation bislang nicht so, daß sie wirtschaftlich produziert und verkauft werden können. Einmal mehr agiert hier ein Winzer vor dem Markt, während der Handel eine Entwicklung verpennt. Christian Ress müßte seine angestammte Kundschaft zumindest zum Teil auswechseln. Weil der Bioanbau zu sinkenden Erträgen führt, kann er sich all das derzeit nicht so leisten, wie er gerne möchte. Deshalb geht es im preiswerten Teil des Sortimentes eher konventionell zu, wenn auch mit den Duftmarken sich ankündigenden Wechsels, während er zusammen mit Dirk Würtz im oberen Teil des Sortimentes, dort, wo die Lagen ihren unverkennbaren Stempel tragen dürfen, den Aufstand probt. Das tun die beiden so radikal wie ungeschminkt. Probiert man sich quer durch den Keller erlebt man die Realitäten des Marktes in einem Sortiment. Ein Weingut, das den Wandel der Zeit erkannt hat und ihn erstaunlich offen und transparent propagiert. Ich finde es bemerkenswert, wie offen über die Problematik dieses Wandels gesprochen wird. Ich finde es mutig, ihn seinen Kunden verkostbar und erlebbar zu machen. Das gelingt mit einem Team, das hinter Christian Ress und Dirk Würtz im gemeinsamen Wunsch steht, das alte Schiff zu neuem Leben zu erwecken. Mental, aber auch im Glas, hat sich diese Mannschaft von der Rheingauer Weinrealität abgekoppelt, hier herrscht kein Mainstream mehr mit Gletscherbonbons, Maracuja-Saft und Gummibärchen im Glas, hier geht's kraftvoll zur Sache, würzig aber nie fruchtig, kernig auf der Zunge oder spielerisch elegant, je nach Lage dicht und wild, hefig stinkig oder lieblich saftig mit Spiel. ..."

 

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