01.09.2009

VivArt, Heft19/Herbst 2009, Macher

Seit Jahren erlebt der deutsche Weißwein einen unglaublichen Boom. Kenner sprechen schon genauso lange davon, dass endlich die Zeit gekommen sei und der Riesling sich wieder ins klassische Quartett von weißen und roten Weinen aus Burgund sowie den hoch dotierten Bordeauxweinen einreiht. So ist es am Ende des 19. Jahrhunderts schon einmal der Fall gewesen, als der Riesling selbstverständlich zum gleichen Preis wie Chateau Lafite auf der Karte angeboten wurde. Doch kaum hatten sich die Rheingauer Winzer an die rege Nachfrage - besonders aus dem Ausland - gewöhnt, kam die Wirtschaftskrise und sorgte für einen enormen Absatzeinbruch. Grund zur Sorge, sollte man meinen.
So sieht man es jedoch im Weingut Balthasar Ress ganz und gar nicht. Während andere Winzer klagen, haben Vater Stefan Ress und sein Sohn Christian Deutschland neu entdeckt und unter großer Beachtung der Öffentlichkeit den "nördlichsten Weinberg Deutschlands" gepflanzt. Zu Beginn des Jahres erhielt ihr Weingut vom Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein den begehrten Zuschlag, für ein etwa 3 000 Quadratmeter großes Grundstück in der Gemeinde Keitum. Nachdem die Forschungsanstalt Geisenheim ausführlich überprüft hatte, ob das Grundstück für den Weinbau geeignet ist, entschieden sie sich, etwa 500 Rivaner- und 1100 Solaris-Reben anzupflanzen. Letztere ist eine recht unbekannte Rebsorte, die in kühleren Regionen hervorragende Ergebnisse erzielt, sagt Christian Ress: "Voraussichtlich in drei Jahren werden wir dann den ersten schleswig-holsteinischen Landwein produzieren, der nach dem dortigen Breitengrad ,55" Nord-Solaris/Rivaner' heißen wird." Den drei Jahren des Wartens sieht der junge Unternehmer entspannt entgegen, schließlich war die Medienresonanz so groß, dass sich die ganze Aktion schon als PR-Gag gelohnt hätte. Selbst in den Tagesthemen wurde berichtet und "Die Zeit" schrieb anerkennend über Ress: "Seine Mitarbeiter bearbeiten den kleinen Acker mit archaischen gusseisernen Werkzeugen. Ein mühsames Geschäft... Reihe um Reihe versenken sie die Reben in der sandigen Erde." Für diese mühevoll gepflanzten Rebstöcke kann man nun Pate werden. "Eine schöne Idee, ein ideales Geschenk für Leute, die schon alles haben", sagt der junge Winzer, räumt aber selbst ein: "Allerdings kein ganz billiges Vergnügen: 269 bis 499 Euro kostet die Patenschaft." Dass dieser Preis für ein graviertes Namensschild am Rebstock und eine Flasche Keitumer Landwein pro Jahr zu teuer sein könnte, glauben die Pächter nicht und es entlockt ihnen nur ein entspanntes Schulterzucken und ein vielsagendes Lächeln.
"Die Pachten gehen weg wie warme Semmel", sagt Ress und ist von dem riesigen Erfolg selbst überrascht der ihn auf der Insel schlagartig bekannt gemacht hat. Die Krise ist offenbar woanders.

 

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