Aus Weinberg und Keller

Mitten in der Hauptlese haben wir aufgehört…

Gestern Vormittag ernteten wir Riesling. Trauben, traumhaft schön, wie gemalt. Wir waren uns eigentlich alle einig, dass geht nicht mehr schöner. Aber dann, nach dem ersten Probieren der Trauben wurden die Gesichter länger und länger. Die Trauben waren süss, keine Frage, aber leider fehlte das Aroma. Und ohne Aroma macht das Ganze keinen Sinn. Die Trauben brauchen noch mehr Zeit. Die Schale muss dünner und poröser werden, erst dann kann es mit der Aromabildung weitergehen. Wenn ich mir das Wetter betrachte – heute, die Vorhersage und mein persönliches Barometer – dann haben wir jetzt tatsächlich den goldenen Oktober und damit auch ganz viel Zeit. Und diese Zeit nehmen wir uns auch. Damit stimmt wenigsten schon einmal eine meiner Prognosen, nämlich die eines langen Herbstes. Und wieder einmal zeigt sich sehr eindrucksvoll, dass der tollste Plan am Ende nichts wert ist. Ich bin froh, dass wir uns die Flexibilität gönnen, jeden Tag auf das Neue unsere Pläne zu hinterfragen.

Die ersten Moste sind mittlerweile übrigens vergoren. Einfache Basisqualitäten, nichts aufregendes. Aber dennoch ist das schon ein kleiner Gradmesser für das, was da hoffentlich noch kommt. Es schmeckt alles sehr  klar und präzise. Die Säure wirkt sehr reif und obgleich sie nicht wirklich hoch ist, doch sehr präsent. Ich spreche hier vom Riesling, versteht sich… Ich glaube, dass auch hier meine ursprüngliche Prognose zutrifft und wir eine ganz klassischen Jahrgang bekommen. Sehr konsumentenfreundlich, toll ausgereift und mit Trinkspass. Was die notwendigen Jahrgangsspitzen anbelangt, wage ich noch keine Prognose. Ich habe eine Idee, mehr aber auch nicht!

 

Dirk Würtz