31.07.2015

weinquellen.at

Wenn schon gross, dann richtig gross. Genau das ist der Riesling ‘Hattenheimer Wisselbrunnen’ GG 2012 vom Weingut Balthasar Ress aus Hattenheim im Rheingau; ein Grosses Gewächs. Was Christian Ress und sein Betriebsleiter und “Weinmacher” Dirk Würtz in die Flaschen bringen, ist kein Mainstream. Die eingeschlagene Richtung heisst “zurück zu den Wurzeln, Nachhaltigkeit, biologisch und biodynamisch”, um nur ein paar Eckpfeiler ihrer Philosophie zu nennen. Der Hattenheimer Wisselbrunnen ist einer dieser Weine, die nicht dazu gemacht sind den Mainstream zu bedienen. Vielmehr sagt man diesem Riesling nach, dass er mutig wie auch unbequem sei. Was da tatsächlich dran ist, davon werde ich mich jetzt persönlich überzeugen.

 

Das Etikett das auf der braunen Schlegelflasche klebt ist eine äusserst imposante Erscheinung. Mit allem Drum und Dran. Auf dem hellen, schlammoliven Untergrund mit steigenden Pferden steht ganz oben in einer Art Frakturschrift Balthasar Ress. Darüber das Familienappen mit einem goldenen Pferd, einem Löwen und einer Rebe/Traube. FEIN SEI DER WEIN steht unter den grossen Initialen BR. 1870 weist auf das Gründungsdatum des Betriebes hin, als Balthasar Ress den Gasthof Ress in Hattenheim “eröffnete”. 2012 in der Mitte und darunter in grossen Lettern HATTENHEIM WISSELBRUNNEN in einer Outline-Typo. Rheingau Riesling steht darunter und dazwischen in der Mitte in orange GG für Grosses Gewächs. Auf einem separaten schmalen schwarzen Streifen ist BALTHASAR RESS in gold aufgedruckt. Das Rückenetikett informiert in deutsch und englisch über das Motto der Familie und auch kurz über deren Geschichte. Verschlossen ist die Flasche mit einem Stelvin-Drehverschluss. Für eine halbe Stunde kommt der Hattenheimer Wisselbrunnen in die Karaffe bevor er angetrunken wird.

 

Aufregend wie ein Feuerwerk

In kräftigem goldgelb mit feinen grünlichen Reflexen steht der Hattenheimer Wisselbrunnen im Glas. Der Duft, ein Feuerwerk. Würzig, kräutrig, steinig, nass und auch ein wenig rauchig. Es ist “erdig”, fühlt sich dicht und herrlich “spontan” an. Da steht kein Pfirsich oder sonst ein fruchtiges Aroma im Vordergrund, hier regiert der nasse Stein, der feuchte Boden und erst ganz weit hinten, torkelt eine fette Ananas durch den Mineralikwald. Intensiv, aufregend und ungemein vielschichtig ist der Geruch und auch das Gefühl, das die Nasenwände hochzieht. Duftkino vom Feinsten.

 

Irritiert, betört, verwirrt & verzaubert

Erst beim zweiten “hinhören” schmeckt man es, das Salz. Zuerst kommt ein ungemein erdiger Wein auf die Zunge, komplex, so überhaupt nicht Riesling wie man es von den Primärfruchtbomben sonst kennt. Da steht ganz plötzlich ganz was anderes im Mund. Es irritiert, betört, verwirrt und lacht einen aus, weil man so gar nicht nachkommt mit dem Schmecken und dem Fühlen. Es ist würzig, es ist ein wenig kräutrig und es ist vor allem steinig. Nass steinig, rauchig, richtig herb am Gaumen. Und das, obwohl auf der Zunge purer konzentrierter Saft steht, der sich mit einer frischen Säureader seinen Platz teilt. Am Ende ist es an den Rändern salzig, am Gaumen herb und im Abgang erdig-würzig. Die Ananas die irgendwo im Hintergrund herum irrt ist bedauernswert, will sie doch mitspielen und darf bestenfalls ein “Hier” einwerfen.

 

Mut zum Risiko

Ich schrei es einfach raus: “Das ist Riesling wie ich ihn mag”. Herb, gar leicht bitter am Gaumen, dabei aber derart voll Saft, dass man nur staunt was alles auf einmal möglich ist. Ich bemühe mich zu schmecken, doch fühle ich den Hattenheimer Wisselbrunnen mehr. Konzentriert steht er auf der Zunge, salzig fliesst er ab, während am Gaumen etwas vollkommen Anderes sein Spiel treibt. Da wird man eingepinselt von einer Erdigkeit und einer Würze die man physisch spürt, die man greifen kann und die sich in einen Abgang verabschiedet, der ebenso herb wie dezent tropenfruchtig ist. Als würde sich die Ananas am nassen Stein festhalten. Man fragt sich wie es sein kann, dass der Wein auf der Zunge so voller Dichte und saftigem Extrakt ist, und dann einen so ausgeprägten phenolisch herben Nachhall hinterlässt. Man kaut an einem Stück Tropenfrucht und atmet dabei Rauch und Stein und Erde ein. Ist es das, was als “unbequem” gemeint war? Ich denke ja, und ja, ich liebe es. Und wie.

 

Was mich am Hattenheimer Wisselbrunnen so fasziniert, ist seine saftige Bitterkeit. Es ist nicht vordergründig der Geschmack – obwohl die spärlich vorhandene tropische Note wunderschön ist – es ist das Gefühl das er im Mund ausstrahlt und hinterlässt. Man braucht nicht immer Frucht um Frucht zu schmecken, oft reichen ein paar Tropfen. Ist wie mit Eau de Cologne und richtigem Parfum. Und da kommt dann der zweite Teil ins Spiel; man kann Duft auch atmen. Genau so geht es einem beim Hattenheimer Wisselbrunnen. Man atmet diesen Riesling mit jedem Schluck, man schmeckt ihn nicht nur, man spürt ihn, und eines ist dabei sicher: DAS ist definitiv KEIN Mainstream. Das ist Mut zum Risiko, das IST Risiko. Weil es entweder abstösst oder anmacht. Da ist kein Platz für Zauderer, für Sicherheitsfanatiker und Harmoniebedürftige. Wer sich den Hattenheimer Wisselbrunnen aufmacht sollte wissen, dass er von einer klimatisierten Luxuslimousine in einen Offroad-Truck umsteigt. Zwar mit Lederpolsterung, aber ohne Heizung, ohne Federung und vor allem ohne Wagenheber. Das ist Riesling bei dem man sich die Hände gerne schmutzig macht.

 

 

Tipp: Eine Stunde in der Karaffe sollte man ihm gönnen. Mit 10-12º geniessen. So individuell wie der Wein, so vielfältig ist er küchentechnisch einsetzbar. Als Solist ein Wein für Könner und Abenteurer.

 

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